Am ersten Märzwochenende hatten die Hamburger BücherFrauen zum jährlichen LiteraturBrunch eingeladen, bei dem rund 80 Gäste wieder einen entspannten, unterhaltsamen Sonntag genossen. Die Tangoschule La Yumba auf St. Pauli war erneut der passende charmante Rahmen für den reichhaltigen Brunch mit den anschließenden Lesungen und Gesprächen, der diesmal unter dem Motto „Plan B – Romane vom Gehen und Bleiben“ stand.
Kristine Bilkau, Julia Jessen, Wlada Kolosowa © Karina Schmidt
Gelesen haben Kristine Bilkau aus ihrem Roman „Eine Liebe, in Gedanken“, Julia Jessen aus „Die Architektur des Knotens“ und Wlada Kolosowa aus „Fliegende Hunde“. Die Sehnsucht nach einem anderen Leben, nach einem anderen Selbst, vielleicht an einem anderen Ort taucht vermutlich in jedem Leben irgendwann einmal auf – selbst wenn scheinbar alles nach Plan läuft. Doch wann ist es Zeit, der Sehnsucht nach etwas anderem nachzugehen? Lohnt es, das Wagnis des Aufbruchs einzugehen? Und wie viel gilt es aufzugeben, um bei sich selbst anzukommen? Diesen Themen spürten die ausgewählten Romane dieses Jahrs mit ganz unterschiedlichen Ansätzen nach.
Mit der Moderatorin Christine Gräbe im Gespräch © Karina Schmidt
Im Gespräch mit der Moderatorin Christine Gräbe ging es um diese Suche, um die eigenen Erfahrungen, aber auch um die Arbeit als Schriftstellerin mit den heutigen Möglichkeiten der Selbstvermarktung, mit der die drei sehr unterschiedlich umgehen. Das reicht von der kompletten Ignoranz der sozialen Netzwerke bis hin zu deren Nutzung, um nicht nur über die eigenen Werke zu sprechen, sondern auch die anderer in den Fokus zu rücken.
Wlada Kolosowa und Kristine Bilkau © Karina Schmidt
Kristine Bilkau erzählte vom autobiografischen Zugang zu ihrem Roman – sie selbst hatte genau wie ihre Protagonistin ein Buch im Regal ihrer Mutter gefunden, aus dem sich viele Fragen ergaben. Das bis ins Detail sehr authentische Setting der 60er-Jahre in ihrem Buch habe sie zuerst aus der Erinnerung an Erzählungen und Fotos aus dieser Zeit entwickelt und erst danach genauer recherchiert, um nicht zu theoretisch zu werden.
Christine Gräbe und Julia Jessen © Karina Schmidt
Julia Jessen verriet unter anderem, dass das Gemälde, das in ihrem Roman eine wichtige Rolle für die Hauptfigur spielt, ursprünglich ein anderes Bild war. Eins, das sie im MoMA in New York gesehen hatte. Erst relativ spät erkannte sie, dass es nicht funktionierte, und erdachte das geeignetere Kunstwerk „Eva hysterisch“.
Wlada Kolosowa und Kristine Bilkau © Karina Schmidt
Wlada Kolosowa, die auch journalistisch zum Thema minderjähriger russischer Models in Asien gearbeitet hat, sagte, dass ihr Buch, würde es in Russland erscheinen, vermutlich einen shitstorm auslösen würde. Zum einen, weil das fiktive Leningrad-Diät-Forum nicht dem offiziellem Umgang mit der Geschichte entspricht, und zum anderen, weil die körperliche Liebe zwischen Frauen zu positiv dargestellt sei.
Das Publikum © Karina Schmidt
Wir danken der Moderatorin Christine Gräbe für ihre wunderbaren Fragen und den drei Autorinnen für ihre kurzweiligen und sehr sympathischen persönlichen Antworten – und legen allen Interessierten diese drei Romane ans Herz. Wir freuen uns schon auf das Sichten und Lesen der diesjährigen Neuerscheinungen und auf unseren LiteraturBrunch 2020, gerne auch mit neuen BücherFrauen im Orgateam! Wer mitmachen möchte, kann sich unter literaturbrunch@buecherfrauen.de bei uns melden.
Dörte Kanis, Maren Giering-Desler und Karina Schmidt, Orgateam LiteraturBrunch, 22.3.2019
Fotos: Karina Schmidt