Hamburg: Rückschau auf den 20. BücherFrauen-LiteraturBrunch
„Aufbrüche. Von Prinzessinnen und starken Frauen“ – so lautete das Motto des diesjährigen LiteraturBrunchs der Hamburger BücherFrauen, die am 28.01.2024 zum nunmehr zwanzigsten Mal zu kulinarischen und literarischen Köstlichkeiten einluden.
Die Jubiläumsausgabe des LiteraturBrunchs war sehr gut besucht: Über 80 Gäste fanden sich im Alsterdorfer Kesselhaus ein, trotz Verkehrswidrigkeiten durch den Bahnstreik. Manche, stellte sich im Gespräch heraus, hatten für die Veranstaltung weite Wege auf sich genommen und waren z.B. eigens aus Berlin und sogar aus Thüringen angereist.
Zur Einstimmung auf das Jubiläum fanden die Gäste auf ihren Tischen eine Auflistung aller Autorinnen vor, die bis dato bei einem LiteraturBrunch gelesen hatten. Darunter sind etliche bekannte Namen der deutschsprachigen Literatur wie Karen Duve (2002), Antje Ravic-Strubel (2005), Sibylle Lewitscharoff (2012) und Kristine Bilkau (2019).
Während des ausgedehnten Schlemmens begrüßte Britta Fietzke, Brunch-Mitorganisatorin und frisch gewählte Regionalsprecherin der BücherFrauen Hamburg, die Besucher*innen und informierte sie über den weiteren Ablauf der Veranstaltung.
Nach dem Ortswechsel in die Kulturküche las zunächst Carolina Schutti Szenen aus ihrem vierten Roman „Meeresbrise“ (2023, Droschl), der in den 1980er Jahren spielt. Sie ließ das Publikum teilhaben an der verwunschenen Welt zweier Schwestern, die in prekären Verhältnissen aufwachsen, dem Leben aber mit so viel Fantasie gegenübertreten, dass sie sich – obwohl im Dorf einsame Außenseiterinnen - wie Prinzessinnen fühlen; pfiffige Prinzessinnen, die kurzerhand „Meyers großes Kinderlexikon“ um Beiträge bereichern, die darin bislang fehlten.
Verena Keßler stellte ihren zweiten Roman „Eva“ (2023, Hanser Berlin) vor, der aus der Perspektive vierer Frauen von der Entscheidung für oder gegen Kinder „und ein bisschen vom Klimawandel“ erzählt, wie die Autorin das vielschichtige Buch bescheiden zusammenfasste. Sie las zwei Abschnitte aus der Sicht von Sina. So erfuhr das Publikum, dass die Journalistin dem Thema Kinderkriegen selbst ambivalent gegenübersteht, und lernte die titelgebende Protagonistin Eva kennen, die zum Schutz des Klimas radikal fordert, auf eigene Kinder zu verzichten.
Sabine Gruber trug den Beginn ihres sechsten Romans „Die Dauer der Liebe“ (2023, C.H.Beck) vor, der berührend den plötzlichen Verlust eines langjährigen Partners schildert. Durch den Tod ihres Lebensgefährten Konrad ist die Übersetzerin Renata unerwarteten Widrigkeiten ausgesetzt. Sie erfährt auf schmerzhafte Art und Weise, dass alle Gewissheiten in Frage gestellt werden – und welche Abgründe sich nicht nur beim Onlinedating auftun, deren pointierte Beschreibung für viel Heiterkeit beim Publikum sorgte.
Katharina Gerhardt moderierte die Lesung und das anschließende Gespräch mit den Autorinnen gut informiert, eloquent und einfühlsam. Dabei stand neben der jeweiligen Romanhandlung auch die formale und sprachliche Gestaltung im Fokus. Verena Keßler erläuterte, dass sie eine größere Freiheit gewann, als sie sich entschied, der Titelfigur drei weitere Frauen gleichberechtigt zur Seite zu stellen. Sabine Gruber bezeichnete den Übergang von ihrem eigenen Erleben zu dem ihrer Romanfigur als "Transplantation" und verwahrte sich dagegen, ihr Werk autofiktional zu lesen. Carolina Schutti betonte, welche wichtige Rolle die Detailarbeit an der Sprache für sie beim Schreiben spielt.
Wie begeistert das Publikum von den drei sympathischen Autorinnen und ihren überaus lesenswerten Büchern war, zeigte sich auch am Büchertisch: Alle Exemplare der drei präsentierten Romane waren ruckzuck ausverkauft. Wer weiß: Vielleicht saß, nach Slata Roschal im Vorjahr, bei diesem LiteraturBrunch wieder die zukünftige Preisträgerin des BücherFrauen-Literaturpreises „Christine“ auf dem Podium?
Das Orga-Team des LiteraturBrunchs – Brigitte Beier, Maren Giering-Desler, Sibylle Hoffmann, Britta Fietzke, Katharina Gerhardt, Heike Schwarze und Elvira Willems – dankt an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich den drei Autorinnen für die interessante Lesung, außerdem Bettina Wittich vom Buchladen in der Osterstraße für den gut sortierten Büchertisch, Elvira Willems für die Fotos sowie Jürgen Desler für den versierten Technik-Support, Mike Bellmann und seinem Team für das reichhaltige Brunch-Büfett, der Stiftung Alsterdorf für ihre Gastfreundschaft, der Hamburger Kulturbehörde für die finanzielle Förderung und natürlich allen Gästen für ihr Erscheinen. Wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen beim 21. LiteraturBrunch im Jahr 2025.