Shida Bazyar: »Drei Kameradinnen«, Kiepenheuer & Witsch 2021

Cover von Bazyar Shida: Drei Kameradinnen

Foto: Susanne Martin

Autorin/Übersetzerin: Shida Bazyar

Titel: »Drei Kameradinnen«

Verlag/Erscheinungstermin: Kiepenheuer und Witsch 2021

Einreichung der Regionalgruppe: Hamburg und Stuttgart

Wer ist die Autorin?

Shida Bazyar wurde 1988 in Hermeskeil geboren. Sie studierte Literarisches Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim. Neben dem Schreiben war sie viele Jahre in der Jugendbildungsarbeit in Berlin tätig. Sie verfasste zunächst Kurzgeschichten. Ihr Debütroman »Nachts ist es leise in Teheran« erschien 2016 und wurde unter anderem mit dem Ulla-Hahn-Autorenpreis und dem Uwe-Johnson-Förderpreis ausgezeichnet. Bazyars zweiter Roman »Drei Kameradinnen« stand auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2021.

Worum geht es?

Drei junge Frauen – Kasih, die Ich-Erzählerin, Hani und Saya – verbindet seit ihrer Kindheit eine enge Freundschaft. Sie sind am Rande einer Großstadt aufgewachsen, leben inzwischen in unterschiedlichen Städten und treffen sich anlässlich einer Hochzeitsfeier wieder, um ein paar Tage miteinander zu verbringen. Währenddessen wird Saya einer islamistisch motivierten Brandstiftung verdächtigt. Anlass für Kasih, innerhalb einer Nacht die Geschichte der drei Freundinnen aufzuschreiben, die schon immer mit Alltagsrassismus und Sexismus konfrontiert waren und auf sehr unterschiedliche Weise darauf reagiert und ihr Leben eingestellt haben. Vor diesem Hintergrund verfolgen sie auch den zur selben Zeit beginnenden Gerichtsprozess um eine rechtsterroristische Gruppe (mit großer Ähnlichkeit zum NSU) sowie den Umgang von Staat und Medien damit aus der Warte derjenigen, die tendenziell verdächtigt und nicht geschützt werden.

Warum haben wir uns für dieses Buch entschieden? (Regionalgruppe: Hamburg)

Uns überzeugt, dass der Text gesellschaftlich und politisch hoch relevant und aktuell ist, da er die Rassismus- und Sexismuserfahrungen der drei Protagonistinnen eindrücklich schildert und da parallel zur Handlung ein Gerichtsprozess zu einer terroristischen Vereinigung mit großer Ähnlichkeit zum sogenannten NSU mitläuft.

Uns bewegt, wie gekonnt Shida Bazyar damit spielt, dass marginalisierten Gruppen nicht vertraut wird, wenn sie etwas erzählen, und wie wir beim Lesen auch mit dem Rassismus konfrontiert werden, den wir selbst verinnerlicht haben.

Uns gefällt die konsequente und kunstvolle Gestaltung des Textes, der sich durch eine besondere Erzählstimme mit einer sehr direkten Sprache auszeichnet. Kasih mischt Gegenwart und Vergangenheit, ergänzt das, was sich zugetragen hat, bewusst durch Erfundenes und legt dadurch falsche Fährten – ein Erzählprinzip, das ihr als Selbstermächtigung dient und mit dem sie uns auf uns selbst und unsere Projektionen zurückwirft.

Warum haben wir uns für dieses Buch entschieden? (Regionalgruppe Stuttgart)

Rassismus, Frauenfeindlichkeit, aber auch die immer stärkere Macht der sozialen Medien in unserer Gesellschaft sind die beherrschenden Themen dieses raffiniert konstruierten Romans. Er erzählt nicht nur von Diskriminierungserfahrungen und überlebensnotwendiger Freundschaft, sondern auch davon, wie plötzlich aus Opfern Täter zu werden scheinen.

Uns hat dabei die literarische Qualität des Textes überzeugt, er changiert zwischen Fiktion und Wirklichkeit, Vergangenheit und Gegenwart. Eine besondere Wirkung erzielt die Autorin durch die direkte Ansprache ihrer Leserschaft, so provoziert und trifft sie sie emotional gleichermaßen: „Dieses Buch unterwandert unser gutes weißes Gewissen.“ So eine Rezension des Literaturclubs des Schweizer Fernsehens.