Rachilde: Nein, ich bin keine Feministin (Essay und Lyrik)

Wer für die grauen Wintertage noch eine schillernde Lektüre sucht, dem sei Rachildes Essay Nein, ich bin keine Feministin empfohlen. Der Auftragsessay der französischen Schriftstellerin erschien 1928 in der Buchreihe Leurs Raisons (Ihre Gründe) unter dem Titel Pourquoi je ne suis pas féministe und wurde von Alexandra Beilharz erstmals ins Deutsche übersetzt.
Voller Witz und Selbstironie hält Rachilde den jungen Feministinnen ihrer Epoche den Spiegel vor und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Bei vielen ihrer Aussagen möchte frau aus heutiger Perspektive laut aufschreien. Doch Rachilde als Antifeministin abzutun, würde ihr absolut nicht gerecht werden. Denn sie führte damals selbst ein durchaus emanzipiertes Leben. Mit 21 Jahren verließ sie ihr Elternhaus, entzog sich Heirat und Kloster, um in Paris Schriftstellerin zu werden. Auf ihrer Visitenkarte bezeichnete sie sich nicht etwa als „Femme“, sondern als „Homme de Lettres“ und trug Männerkleidung, da sie die Frauenmode schlicht zu teuer und unpraktisch fand. Ihr Debütroman „Monsieur Vénus“ sorgte 1884 für einen regelrechten Skandal und machte sie zu einer berühmten und erfolgreichen Schriftstellerin (die deutsche Übersetzung von Alexandra Beilharz und Anne Maya Schneider erschien 2020 im Reclam Verlag).
Alexandra Beilharz gelingt es großartig, Rachildes erfrischend provokativen Ton einzufangen und ihr eine überzeugende deutsche Stimme zu geben. Spannend ist auch das Vorwort von Barbara Vinken, in dem sie anschaulich „Rachildes Travestien“ und den doppelten Boden ihres Schreibens erläutert. Zusätzlichen Kontext bieten die beiden zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung erschienenen Rezensionen am Ende des Buches, die zeigen, wie kontrovers Rachilde schon damals aufgenommen wurde.
Rachilde: Nein, ich bin keine Feministin
übersetzt von Alexandra Beilharz
Flur Verlag, Heidelberg, 2024
Klappenbroschur, 136 Seiten
ISBN 978-3-98965-201-9
Preis 18 Euro

Eine Empfehlung von Theresa Benkert
Theresa Benkert arbeitet als freie Literaturübersetzerin aus dem Französischen und Englischen sowie in der Art Direction der Ullstein Buchverlage
Foto: Mario Schmitt
Transparenzhinweis: Die Empfehlung erfolgt aus Eigeninteresse und nicht aus wirtschaftlichen Gründen.