Franziska Schutzbach: Die Erschöpfung der Frauen (Sachbuch)

You took the words right out of my mouth… diese Textzeile des kürzlich verstorbenen Sängers Meat Loaf kommt mir beim Lesen in den Sinn: Manchmal stoßen wir auf Bücher, die ansprechen und ausdrücken, was uns selbst schon lange auf der Seele brennt. Wir lesen Sätze, die nacheinander wie Dominosteine in unsere inneren Labyrinthe fallen und sie gründlich aufräumen. Sätze, deren Wahrheit wir bereits kannten, ohne sie zu formulieren. Wir wundern uns, dass sie erst jetzt ausgesprochen werden. Schon so lange warten sie in uns darauf.

So ein Buch ist „Die Erschöpfung der Frauen“ von Franziska Schutzbach, das im Herbst 2021 erschien. „Wider die weibliche Verfügbarkeit“ lautet der Untertitel, der wie ein Gong anschlägt in einem Pandemie-Alltag, der genau diese Verfügbarkeit einfordert. Ein Alltag, in dem Frauen rund um die Uhr wie selbstverständlich zur Verfügung stehen für all die anfallende Care-, Sorge- und Erwerbsarbeit. Weil sie auch im 21. Jahrhundert noch immer lernen, dies als ihre ureigene Aufgabe zu verstehen. Frauen, die gleichzeitig erschlagen vom „Mensplaining“ mit anerzogener Zurückhaltung und höflicher Rücksichtnahme ihre Wut zügeln. Wie mit angezogener Handbremse gehen sie durch ihr Leben und hinken oft ihren Zielen, Wünschen, Bedürfnissen und Träumen hinterher. Klug und systematisch fächert Schutzbach die tradierten, psychologischen Ursachen und Hintergründe für die lange Historie von Frauen unter Einfluss auf. Sie schildert in prägnanten lebensnahen Szenen, wie das Machtgefüge der Geschlechter nicht nur in Sachen Arbeitsteilung, gesellschaftliche und politische Teilhabe, Entgeltgleichheit etc. pp noch immer viel zu stark und viel zu subversiv zu Lasten der Frauen geht. Erhellende Selbsterkenntnis begleitet das Lesen dieses sehr empfehlenswerten Buches, das zur rechten Zeit erscheint und neue Wege eröffnet, am Althergebrachten kräftig zu rütteln.

Franziska Schutzbach: Die Erschöpfung der Frauen – Wider die weibliche Verfügbarkeit
Droemer, 2021, 1. Auflage
Gebundene Ausgabe, 304 Seiten (auch als E-Book erhältlich)
ISBN 978-3-426-27858-1
Preis 18,-- Euro

Eine Empfehlung von Silke Pachal

Silke Pachal arbeitet seit zehn Jahren in Berlin als Autorin, Lektorin und Übersetzerin. Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit ziehen sich als roter Faden thematisch durch ihren Schwerpunkt Politik und Sprache (www.pachal-lektorat.de).

Foto: Annette Koroll

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