Frankfurt liest ein Buch: Jutta Ebeling und Anita Djafari blicken zurück auf die 1968er.
Mechanismen der Macht
"Die 68er waren eine Geschichte von Helden, und die waren männlich"
Als Mitglied des Zweiten Weiberrates der 1968er Jahre, aber auch als Freundin und Zeitgenossin, hatten die BücherFrauen Frankfurt die Bürgermeisterin a. D. Jutta Ebeling(im Bild oben links) am 16. Juli zu ihrer diesjährigen Veranstaltung beim Lesefest "Frankfurt liest ein Buch" eingeladen. Diese lobte den Roman „Scheintod“ ihrer Freundin Eva Demski als "sehr aktuelles Buch" und als Sittengemälde der 68er-Generation zugleich.
15 Jahre lang habe sie sich dafür eingesetzt, dass der Roman Demskis beim Lesefest "Frankfurt liest ein Buch" zum Thema gemacht werde, verriet die heutige Vorsitzende der Hessischen Kulturstiftung bei der Veranstaltung in der Buchhandlung Schutt. Nicht nur Politik brauche einen langen Atem.

Die Rolle der Frau?
Wie aktuell der Roman ist, davon konnten sich die rund 30 Zuhörerinnen und Zuhörer selbst überzeugen. In einem fesselnden Gespräch mit der Frankfurter BücherFrau und ehemaligen Litprom-Chefin Anita Djafari (im Bild rechts) erzählte Ebeling aus eigenen Erfahrungen der 1968er-Jahre, als sie unter anderem im Zweiten Weiberrat mitkämpfte, und beleuchtete die damalige Rolle der Frau, die auch Demski thematisiert. "Die 68er waren eine Geschichte von Helden, und die waren männlich.
Ebeling schilderte aber auch den Gruppen- und Anpassungsdruck, der bei den damaligen politischen Linken herrschte, und machte deutlich, dass man unter anderem gezwungen war, sich zu den Handlungen der RAF zu positionieren. Diese Mechanismen seien heute wieder an Phänomenen wie der Cancel Culture oder dem Leugnen von Corona erkennbar. "Die Frage ist immer, wo wird aus einer Meinungsverschiedenheit eine Ideologie." Die Zuhörerinnen und Zuhörer beteiligten sich rege an der anschließenden Diskussion, die auch nach der Veranstaltung an der einen oder anderen Stelle noch fortgesetzt wurde.
Sabine Börchers (BücherFrau, Frankfurt)