Konferenz: Gründerinnenfreundliche Hochschulen für Deutschland

Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok (Direktorin des Harriet Taylor Mill Instituts, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin) hielt die Keynote der Konferenz (Foto: Meiken Endruweit)

Zukunft gestalten – Potenziale nutzen

Bei der Veranstaltung InnoGründerinnen in der Landesvertretung Baden-Württemberg beim Bund am 7. Juni 2024 ging es um das Thema Gründung in der Vernetzung von Hochschulen, Gründungszentren und Aktive aus der Gründerinnenförderung. In ihrem Grußwort zu Beginn der Konferenz betonte die Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger die Notwendigkeit von Innovationen – und dass die Innovationskraft von allen benötigt würde, um Lösungen für die heutigen Probleme zu finden. Weiter hob sie hervor, dass es einer Gründungskultur an den Hochschulen bedürfe. Für die Konferenz wünschte sie einen Austausch von Erfolgsrezepten wie auch das Entdecken von Best Practices und Vorbildern.

Die Keynote von Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok (Direktorin des Harriet Taylor Mill Instituts, Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin) richtete den Blick auf den Innovationsbegriff und schlug vor, diesen zu wandeln: Eine stärker auf ökologisch sozioökonomische Bereiche gerichtete Innovation sein vonnöten. Innovationstätigkeit steigert allgemein den BIP. Wichtig sei nun, die Möglichkeiten für Innovationen auch auf allen Ebenen zu fördern. 

Sie stellte Zahlen zur Beschäftigung von Frauen und zu Gründungen vor. Von allen Selbstständigen sind 1/3 Frauen, von denen fast 40 % in Teilzeit arbeiten (Männer ca. 13 %) und von denen etwa 50 % Soloselbstständig sind (Männer etwa 23 %). Von allen Soloselbstständigen sind der Großteil (65 %) weiblich und sie sind im untersten Fünftel der Einkommen mit 63,5 % vertreten. Das durchschnittliche „Einkommen“ liegt in diesem Bereich – eine unfassbare Zahl – im Schnitt bei 295 Euro brutto pro Monat. Der Gender Income Gap lag hier für 2013 bei 44,8 % und ist bis 2020 auf 29,8 % gesunken, aber weiterhin hoch. Die Tendenz, diese prekären Bedingungen zu individualisieren und nicht die Strukturen zu ändern, verschärft die Problematik. Hinzu kommen eklatante Datenlücken – der bekannte Gender Data Gap. Und dieser ist umso größer, als häufig unscharf ist, was genau untersucht wird.

Um all diese Probleme anzugehen, rief Yollu-Tok zu einem Perspektivwechsel im Hinblick auf Zeit, Geld und Kultur auf: Die Familienphase (Zeit) müsse anders in die Berechnungen, Studien und Planungen einbezogen werden. Der Zugang zu Gründungskapital (Geld) müsse neu geregelt werden, z. B. müssten Entscheidungsgremien für die Problematik sensibilisiert werden. Frauen haben meist weniger Eigenkapital und ihre Gründungen sind oftmals mit kleinerem Kapitalbedarf. Die Gründungsmotive (Kultur) von Frauen seien häufiger gesellschaftsrelevant und weniger auf wirtschaftliches Wachstum ausgerichtet, auch digitale Produkte orientierten sich häufiger an gesellschaftlichen Themen. Daher bedürfe es eines neuen Innovationsbegriffs.

Was also tun?, fragte Dr. Katja von der Bey (WeiberWirtschaft eG). Antworten auf diese Probleme bieten Veranstaltungen von und für Frauen, innovative Formate, aber auch konkrete Unterstützung etwa durch die Bereitstellung von Infrastrukturen. Dann benannte sie noch einmal die Hürden für Frauen bei der Gründung an Hochschulen: die Themen, zu denen Frauen gründen, würden als nicht relevant erachtet; es gebe einen Data Gap im Bereich der Gründungsforschung; Wirtschaft habe ein negatives Image für Frauen; die Praxisumsetzung sei häufiger nachrangig für Frauen; es gebe eine Fokussierung auf das Exist-Programm; die Gründungsförderung sei nicht Teil der Hochschulrankings, so dass es insgesamt als nicht ausreichend wichtig erachtet würde. Mit der bundesweiten Gründerinnenagentur (bga) wurden Handlungsempfehlungen für Hochschulen erarbeitet, die hier abgerufen werden können und die sich sicher in Teilen auch auf andere Bereiche übertragen lassen.

In Gesprächen und weiteren Panels kamen eine Reihe von Best Practices zur Sprache, die hier im Folgenden in loser Reihenfolge aufgezählt werden:

  • Mentoring und Resilienztrainings;
  • Bei Wegen in die Selbstständigkeit auch die unternehmerische Perspektive mit entwickeln;
  • Selbstständigkeit ist auch nebenberuflich umzusetzen;
  • Auch bei Solo-Selbstständigkeit kann es Nachfolger:innen geben;
  • Jede Freiberuflichkeit ist eine Gründung;
  • Empowerment ist wichtig wie auch das Mindset;
  • Das Kennenlernen von Gründerinnen untereinander;
  • Entwicklung der Gründungspersönlichkeit etwa mit Future Skills und Kreativitätstechniken;
  • Wirtschaft neu denken: Was ist Arbeit? Was ist Innovation? Wie denkst du Wirtschaft?;
  • Innovation hat Geldwert, der Wert kann aber auch ein Patent sein;
  • Alumnis aktivieren, um Austausch, Best Practices, Mentoring, das Nachfolgerin-Suchen zu erleichtern;
  • Um Hilfe fragen, um Vernetzung bitten;
  • Es braucht neue Bilder, neue Erzählungen, eine andere Form von Dialog zwischen den Fächern/Disziplinen;
  • Eine Kultur des Ausprobierens und Lernens etablieren;
  • Nachhaltigkeit schon im Wirtschaftsmodell verankert bei Gründungen und Start-ups;
  • Gemeinnützige Gründungen;
  • Wettbewerb für nachhaltige Geschäftsmodelle;
  • Aktionstag Nachfolge (Bundesweite Gründerinnenagentur);
  • Handwerk-Kampagne:  Frauen können alles.

Es wurden auch viele Programme und Initiativen genannt, davon hier eine Auswahl: 

Young Entrepreneurs in Science, EXIST, Gründerwerkstatt neudeli (Bauhaus Uni Weimar), Female Founders Retreat Mission, Stephanie Birkner (Female Entrepreneuership Professorin – eine Ringvorlesung findet sich hier), Teamakademie (Hochschule Bremerhaven)

Die Konferenz kann auf YouTube nachgesehen werden: Vormittag, Nachmittag

Alle Infos zur Konferenz liegen Infos Innogründerinnen-Konferenz.

Ein Bericht von Meiken Endruweit, www.meikenendruweit.de