Um 13 Uhr treffen wir uns in Sillenbuch an der U-Bahn-Haltestelle Silberwald, um mit Ina Häberle den Eichenhain zu erkunden.
Gegenüber der Haltestelle, Kirchheimer Str. 14, befindet sich das Haus, das Clara Zetkin zusammen mit ihrem Mann, dem Maler Friedrich Zundel, 1903 erbauen ließ.
Dieses Haus wurde in den folgenden Jahren zu einem wichtigen Treffpunkt von Sozialisten und Kommunisten. Unter den Gästen waren neben Lenin, der mit einer Wegskizze zur "Datscha Zundel" wanderte (das Haus lag in einer weitgehend unbebauten Gegend), auch Rosa Luxemburg, Alexandra Kollontai, August Bebel, Karl Liebknecht u.v.a.
Clara Zetkin (1857-1933) war nach dem Fall der Sozialistengesetze 1891 mit ihren beiden Söhnen aus dem Pariser Exil nach Stuttgart gezogen. Zunächst wohnte sie in der Rotebühlstraße als Nachbarin von Robert Bosch und seiner Familie. Sie lernte den Verleger Johann Dietz kennen, der ihr 1892 die Chefredaktion der Zeitschrift "Die Gleichheit" (Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterin) übergab, die sie 25 Jahre lang leitete.
1899 heiratete sie den 18 Jahre jüngeren Maler Friedrich Zundel, mit dem sie zuerst in der Blumenstraße und später dann in dem Haus in Sillenbuch wohnte. Zundel war so erfolgreich, dass die Familie ab 1907 sogar ein Auto besaß, das erste in Sillenbuch.1907 hatte Clara Zetkin, damals noch Mitglied der SPD, im Rahmen des Stuttgarter Sozialistenkongresses die 1. Internationale Frauenkonferenz initiiert. 1919 trat sie der KPD bei und war von 1920-1932 Abgeordnete des Weimarer Reichtags. Am 30.8.1932 eröffnete sie als Alterspräsidentin die Reichstagssitzung. In ihrer Rede warnte sie nachdrücklich vor der NSDAP. Anfang 1933 emigrierte sie in die UdSSR, wo sie am 20.6.1933 in Archangelskoje verstarb. Ihre Ehe mit Friedrich Zundel wurde nach ihrem jahrelangen Widerstand 1928 geschieden. Er baute in nächster Nachbarschaft, Kirchheimer Str. 12, eine Villa mit Sommer- und Winteratelier und heiratete im selben Jahr Paula Bosch, die Tochter von Robert Bosch.
Beschließen werden wir unseren Spaziergang im nahe gelegenen Clara Zetkin Haus, dem Waldheim Sillenbuchs, das auch auf Initiative von Clara Zetkin 1909 gegründet wurde.
Wir beginnen unseren Spaziergang am Eingang zum Eichenhain, dem kleinsten der 3 Stuttgarter Naturschutzgebiete. Seit 1958 steht dieses Gebiet, ehemals eine Wald-/Viehweide, unter Naturschutz. Hier finden sich zahlreiche an die 400 Jahre alte Eichen, dazu Trockenrasen, wie man ihn z.B. auf der Schwäbischen Alb findet. Eigentlich auch ein Paradies für Orchideen, die leider wegen der vielen Spaziergänger:innen verschwunden sind. Bei schönem Wetter kann man von hier aus die Schwäbische Alb sehen. Heute ist es eher diesig, gut erkennen können wir aber auf dem gegenüber liegenden Hang das sogenannte Schweizer Haus, Klein-Hohenheim, das unter König Wilhelm I. zur Pferdezucht errichtet wurde.
Eine kurze Pause machen wir beim Denkmal für Elly Heuss-Knapp (1881-1952), das 1955 errichtet wurde. Das Ehepaar Heuss wohnte von 1945 bis zu seiner Wahl zum Bundespräsidenten 1949 in der Löwenstr. 86. Elly Heuss-Knapp war mehr als die Frau an seiner Seite. Schon früh hatte sie sich für sozial benachteiligte Frauen engagiert, hatte während des 3. Reiches die Familie mit Werbung ernährt und hatte 1950 mit Hilfe der
Sozialverbände das Müttergenesungswerk gegründet. Außerdem war sie 1946-1949 Abgeordnete des württembergischen Landtags und hielt unermüdlich Vorträge. Zum Abschluss unseres Spaziergangs kehren wir im Clara-Zetkin-Haus ein. Dort ist lebhafter Betrieb. Vor allem die Kinder finden auf dem großen Spielplatz hinter dem Haus viel Bewegungsfreiheit und Möglichkeiten zum Spielen. Alles in allem ein wunderbarer Sonntagsspaziergang, auch wenn das Wetter eher trüb und kalt war.
Vielen Dank an Ina für ihre Initiative und gute Vorbereitung.
Text: Barbara Scholz
Fotos: Sabine David