Wie wollen wir im Alter wohnen?
Nicht wenige Menschen denken daran, mit anderen zusammen ein gemeinschaftliches Wohnprojekt zu planen.
Dafür gibt es verschiedene Gründe, vor allem aber wohl, dass die sozialen Sicherungssysteme in Zukunft nur einen sehr eingeschränkten Lebensstandard ermöglichen werden und gemeinschaftliches Wochen vor einer Vereinsamung schützt, neue Aufgaben im Austausch mit Mitbewohner/innen gibt, gemeinsame Unternehmungen und Anknüpfungspunkte ermöglicht.
Frau Dr. Eva Wonneberger, die selbst in einem Mehrgenerationenhaus in Wangen lebt und seit 2013 Kommunen und Projekte im Bereich Gemeinschaftswohnen berät, hat uns in der gut besuchten Veranstaltung im Generationenhaus Heslach die wichtigsten Möglichkeiten undVoraussetzungen der Planung vorgestellt:
- Zunächst sollten sich Interessierte, die sich zu einer Planungsgruppe zusammengefunden haben, darüber einig werden, ob sie ein Mehrgenerationenhaus oder ein Gemeinschaftsprojekt mit ungefähr Gleichaltrigen möchten.
- Im nächsten Schritt sollte man sich über die Organisationsform einigen, als da sind die Rechtsformen Genossenschaft, Baugemeinschaft, Mieterverein. Jede dieser Rechtsformen beinhaltet Auswirkungen auf die Finanzierung.
Die Wohngenossenschaft bietet dabei wohl die meisten Vorteile und Sicherheiten. Es ist eine Organisationsform zwischen Miete und Eigentum, die Bewohner sind gleichzeitig Eigentümer und Mieter. Die Genossenschaft wird durch die verschiedenen finanziellen Einlagen Eigentümerin des Projekts und damit jede/r Einzelne/r gleichzeitig Besitzer/in. Die Wohnungen werden dann zu einem gemeinschaftlich festgelegten Mietpreis an die Einzelnenvergeben. Die Vorteile für jede/n Einzelne/n sind geringe Haftung, große Mitbestimmungsmöglichkeiten und Selbstorganisation. Die finanzielle Basis wird durch die jährliche Prüfung des Genossenschaftsprüfverbands gesichert. Die Eigentümer leben in langfristig preisgebundenen Mietwohnungen, und die Genossenschaft als Besitzerin kann den Ausstieg aus der Spekulationsspirale garantieren.
Man kann dabei drei verschiedene Unternehmensformen wählen:
- Man kann einer Dachgenossenschaft beitreten,
- eine eigene Genossenschaft oder
- eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts GBR gründen.
Ganz wichtig für das weitere Vorgehen ist eine gezielte und beständige Öffentlichkeitsarbeit. Man muss Gemeinderäte und/ oder Bürgermeister/innen für das Projekt interessieren oder im besten Fall begeistern, denn nur über die Gemeinde wird es möglich, annehmbare, bezahlbare Bauplätze oder Objekte zu bekommen. Dafür kann man Vorträge, Exkursionen zu anderen Gemeinschaftswohnprojekten oder Workshops organisieren. Als Voraussetzung für die Verhandlungen mit der Gemeinde sollten eine belastbare Rechtsform, ein/e ausgewiesene Sprecher/in, die Anzahl der voraussichtlichen Nutzer/innen nachweisbar sein, ein ausgearbeiteter Ablaufplan sollte vorliegen. Die Ernsthaftigkeit des Projekts sowie die Zuverlässigkeit der Planung sollte der Gemeinde verdeutlicht werden können.
Die Vorteile für die Gemeinde liegen auf der Hand und müssen betont werden:
- Die Gemeinde kann die Kriterien der Vergabe von Grundstücken definieren, ökologische Bauweise fordern, das Mehrgenerationenangebot dient den Bürger/innen
- Die Gemeinde kann Infrastrukturauflagen für die Flächennutzung definieren, Gewerbeintegration fordern und die Vorteile für integriertes Wohnen entlasten das Stadtbudget und die Sozialämter.
Als Vorbilder können Gemeinschaftswohnprojekte in Stuttgart, Tübingen, Freiburg, München, Ulm, Wangen und in weiteren Städten dienen.
Es war ein spannender, sehr anregender Abend und weitergehende Informationen gibt es bei der Regionalstelle des Forums Gemeinschaftliches Wohnen e.V., VIA Institut Ravensburg, Marktstr. 43, 88214 Ravensburg einholen. www.viainstitut.de, Tel.: 0152 5360 9313
Text: Barbara Scholz
Foto: Ulrike Dörr