Seit der zweiten Ruckzuck-gegen-Rechtsruck-Mail hat sich ein bisschen was getan.
Kurzbericht vom Jahresthema-Treffen
Das letzte Treffen fand am 2. April, wie gewohnt online und wie gewohnt in kleiner Runde statt. Uns beschäftigten die Fragen:
- Woran liegt das? (vgl. Engagement-Umfrage vom 8. April)
- Was hat das Thema mit uns und unserem Alltag zu tun? (vgl. Situationen-Umfrage vom 8. April)
- Warum ist es wichtig?
Situationen-Umfrage
In der Umfrage geht es um die Frage: „Wie oft hast du mit Situationen zu tun, die dich mit Rechtsextremismus, Gewalt oder Menschenverachtung konfrontieren und dich ggf. sprachlos machen: mehrmals pro Tag, täglich, einmal pro Woche, einmal im Monat, selten, nie?“ Wir haben um eine kurze Einschätzung gebeten und außerdem darum, eine solche Situation kurz in einem Kommentar zu beschreiben.
Du hast keine Idee, was für Situationen gemeint sein könnten? Hier ein paar Beispiele:
- Jemand steht neben mir, der/die eine Jacke von einem rechten Modelabel trägt.
- Eine Kollegin sagt auf der Buchmesse: „Hitler war doch ein Kommunist.“
- Beim Mittagstisch wird ein „Witz“ erzählt: „Ein Arzt und ein (Nationalität) …“
- „Wir wollen ja die Wohnung vermieten, aber nicht an [insert choice of non Germans].“
- „Wenn ‚solche‘ nebenan einziehen, zieh ich weg.“
- „Die Post kommt nicht mehr an, weil sie von Exoten [!] ausgetragen wird, die nicht lesen können.“
- „Sollen wir das Schild [für Lieferdienste im Hochhaus] jetzt noch auf Arabisch schreiben?!“
Warum interessiert uns das? Weil wir einen Workshop organisieren könnten, in dem wir lernen, wie wir uns in solchen Situationen verhalten und Haltung zeigen können.
Ergebnisse: An dieser Umfrage wurde überwiegend die Frage zur allgemeinen Einschätzung zur Häufigkeit beantwortet. Es fällt auf, dass mehr als die Hälfte angegeben hat, nur selten solche Situationen zu erleben (seltener als einmal im Monat), gefolgt von der Angabe „ca. einmal pro Monat“.
Wie lässt sich das interpretieren? Leben so viele von uns auf „Inseln der Glückseligkeit“ (am Stadtrand, auf dem Land, nicht im Ballungszentrum, im liberalen Umfeld …), wo das anscheinend nicht passiert? Oder spielt bei Rassismus auch „White fragility“ (dt. „weiße Zerbrechlichkeit“) eine Rolle dabei, manche Formen nicht wahrzunehmen oder nicht wahrnehmen zu können?
Was hat das Thema mit uns zu tun? Warum ist es wichtig?
Schaut man sich die Situationsumfrage an, könnte man meinen, Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenverachtung hätte nicht so viel mit unserem persönlichen Alltag zu tun. Doch spätestens mit Blick aufs Strukturelle wird rasch deutlich, wie direkt das Jahresthema jede einzelne BücherFrau privat und beruflich betrifft, wie sehr es außerdem den Kern der Bücherbranche trifft:
- Die Freiheit des Wortes ist durch Rechtsextremismus und Parteien, die zur Normalisierung rechter oder rechtsextremer Positionen beitragen, unmittelbar gefährdet. Das betrifft die Buchbranche direkt, und zwar so ziemlich alle Berufsbilder unseres Vereins.
- Auch die Rechte von Frauen und langwierig erkämpfte Fortschritte in Sachen Gleichberechtigung und Gleichstellung stehen, wenn die Rechte mächtig wird, zunehmend unter Druck. Auch das betrifft jede BücherFrau persönlich wie beruflich direkt.
- Die BücherFrauen sind fast ausschließlich weiß. Eine kritische Auseinandersetzung mit unserem eigenen Weißsein brauchen wir dringend, um nicht nur individuelle, nicht nur situative, sondern vor allem auch strukturelle Schieflagen wahrnehmen zu können, um Abwehrmechanismen zu (er)kennen (Stichwort: „White fragility“). Das brauchen wir, um uns interkulturell öffnen und Muster durchbrechen zu können. Das brauchen wir auch, um eine innere Brandmauer aufzubauen.
- Ein wichtiges Mittel gegen gefühlte und faktische Ohnmacht und Überwältigung ist die gegenseitige Stärkung durch Zusammenhalt, also die Solidarisierung.
Findest du auch interessant, dass alle drei Punkte in den Vorschlägen für das Jahresthema 2026 auftauchen: „Freiheit, zu schreiben“, „Warum wir Feminismus und Gleichberechtigung brauchen“ und „Gemeinsam stark“?
Dazu könnte die Arbeit doch auch direkt jetzt beginnen: Schwerpunkt setzen und los geht’s!
Bist du noch sprachlos oder gibst du schon mal Paroli?
Letztes Mal haben wir die Begegnen-Reihe der Bundeszentrale für politische Bildung zur Frage „Was sage ich, wenn …“ vorgestellt.
Heute empfehlen wir dir das Courage-1x1 in Betrieben und Unternehmen des Netzwerks für Demokratie und Courage e. V. Das sind Tipps zum Umgang mit Diskriminierung, Rassismus, Sexismus und Mobbing im beruflichen Umfeld.
Kurz zusammengefasst (was unter dem Link oben genauer erklärt wird):
- Erkenne die Diskriminierung und beziehe Position.
- Handle schnell und besonnen.
- Halte zur betroffenen Person.
- Wecke Aufmerksamkeit, hole – falls nötig – Hilfe.
- Bleibe sachlich und vermeide Gefahr.
- Schätze die Relevanz ein und melde den Vorfall.
- Sei Unterstützerin und Zeugin.
- Frage nach, sorge für Weiterbearbeitung.
Du bist keine Frau vieler Worte?
Dann ist vielleicht die fotografische Bewegung „Gesichter Gegen Rechts“ deine Form, Haltung gegen jede Form von Extremismus zu zeigen und Zeichen für eine offene, vielfältige und demokratische Gesellschaft zu setzen.
Weitere BücherFrauen-Aktionen zum Jahresthema
- Die Regionalgruppe Freiburg/Südbaden liest gemeinsam unter dem Motto „Wir lesen Dystopie“, und zwar „Wir doch nicht“ von Nora Burgard-Arp, erschienen 2023 bei Katapult.
- Zum Aspekt Feminismus lohnt sich ein Blick in den Veranstaltungskalender der Feministischen Buchwoche, die in der ersten Maiwoche stattfindet.
- Das Jahresthematreffen #4 findet am 5. Mai von 18 bis 19 Uhr online statt (Einwahldaten im internen Bereich beim Zoom-Kalender).
Wie’s weitergeht
- Wann, wo und wie findet der „Was sage ich, wenn …“-Workshop statt?
- Bildet sich eine Lesegruppe zum Thema „White fragility“?
- Gibt es bald auch eine Literaturliste mit Sachbüchern zum Jahresthema?
Das hängt schlicht und einfach davon ab, ob bzw. wer etwas organisiert. Sich darum zu kümmern, bedeutet nicht nur Arbeit, sondern auch, das gestalten zu können! Hast du Lust?
Denk dran: Jeder Beitrag ist wichtig und willkommen. Denn:
Alles zusammen kann etwas Großes werden,
alle zusammen können wir viel bewirken!
[Alle Links: Zugriff am 25.04.2025; Abbildung © kreatikar | Pixabay]
