Wer ist die Autorin?
Selene Mariani, geb. 1994, wuchs in Verona und Dresden auf und studierte am Literaturinstitut in Hildesheim. Jetzt lebt und schreibt sie in Hannover und leitet Schreibwerkstätten. Sie ist Mitbegründerin des Vereins Autor:innenzentrum Hannover und engagiert sich im Vorstand des Vereins. 2021 veröffentlichte sie den Erzählband „Miniaturen in Blau“. „Ellis“ ist ihr erster Roman.
Worum geht es?
Im Roman geht es um die vielen (auch problematischen) Seiten einer Freundschaft zwischen zwei Frauen, um das Leben zwischen zwei Kulturen und Sprachen, um Nähe und Distanz, um Anpassung und Eigenständigkeit.
Nachdem ihre Eltern sich getrennt haben, zieht Ellis mit ihrer Mutter von Italien nach Deutschland. Es fällt ihr schwer, sich in der neuen Umgebung einzuleben, sie hat das Gefühl, ihre Vatersprache, Italienisch, zu verlieren. Die Kinder in der Schule grenzen sie aus. Nur mit Grace, einer neuen Mitschülerin, die gleich nebenan wohnt, freundet sie sich an. Die Freundschaft gibt Ellis Halt, ersetzt das fehlende Gefühl von Zugehörigkeit, bis Grace plötzlich die Seiten wechselt. Die Freundschaft zerbricht, der Kontakt reißt ab – und sie treffen sich erst als junge Frauen wieder.
Als Ellis Grace einlädt, mit ihr die Großeltern in Italien zu besuchen, zeigt sich die problematische Dynamik ihrer Freundschaft erneut. Ellis reagiert auf Graces Verhalten sowohl mit wütendem Rückzug als auch mit Annäherungsversuchen. Sie erinnert sich an alte Konflikte, wird sich ihrer Gefühle für Grace mehr und mehr bewusst und erkundet dabei zugleich ihre eigene kulturelle Zugehörigkeit.
Warum haben wir uns für dieses Buch entschieden?
„Wir suchen Bücher, die uns bewegen – durch ihre sprachliche Kunstfertigkeit, inhaltliche Ausrichtung und gesellschaftliche Relevanz“, heißt es auf der Website zum BücherFrauen Literaturpreis. Selene Mariani schreibt in ihrem Roman über wichtige Themen wie Freundschaft, Leben zwischen zwei Kulturen, über Anpassung und Eigenständigkeit.
Erzählt wird aus der Perspektive der Ich-Erzählerin Ellis, die, wie die in Italien und Deutschland aufgewachsene junge Autorin, innerlich zwischen zwei Sprachen und Welten pendelt. Was bedeutet es, sich weder in dem Land, in dem man lebt, zu Hause zu fühlen, noch in dem Land, in dem man geboren wurde? Was hält Ellis und Grace zusammen – und (wie) beeinflusst die Beziehung zwischen ihnen Ellis Suche nach ihrer kulturellen Identität?
Selene Mariani geht in ihrem Roman diesen Fragen nach. Sie wählt dabei eine für Romane ungewöhnliche, freie Schreibform, schildert in Miniaturkapiteln Szenen aus Ellis‘ Gegenwart und Vergangenheit und verwebt Erinnerungen an die Kindheit mit der Jetzt-Zeit. Ihre Sprache ist sehr genau, pointiert und einfühlsam; sie wertet jedoch nicht und öffnet für die Lektüre viel Raum für eigene Vorstellungen. „Ellis“ ist, wie ein Mitglied aus der Gruppe schrieb, „ein Roman wie ein hingetupftes Aquarell mit sehr genau gesetzten Leerstellen, die die Leserin mit ihrer Fantasie füllt, ohne sich dessen unbedingt bewusst zu sein. So wird sie vieIleicht zur ‚Leserin ihrer selbst‘.“
Mit unserem Vorschlag möchten wir eine noch nicht so etablierte junge Autorin unterstützen, die sich mit aktuellen gesellschaftlichen Themen wie kultureller Diversität auf sprachlich ganz eigenständige Weise beschäftigt. Auch dass sich Selene Mariani von Beginn an im Verein „Autor:innenzentrum Hannover“ engagiert, der die Literaturschaffenden der Stadt zusammenbringt, vernetzt und fortbildet, hat unsere Entscheidung beeinflusst. Ohne ihr Engagement gäbe es das Zentrum, das auch ein Treffpunkt für manche Bücherfrauen geworden ist, vielleicht noch nicht.