Claudia Gliemann: Rotkäppchen, wie geht es dir? (Kinderbuch)
Claudia Gliemann nimmt mit ihrem neuen Kinderbuch erneut ein schweres Thema auf und entfaltet es so behutsam und fantasievoll, dass ich es auch als Erwachsene als Selbsthilfemärchen in meinen Bücherschrank stellen mag. Mit ihrem Monterosa-Verlag wurde Claudia für ihre Titel zum Thema Tod von Großeltern und Depressionen von Eltern bereits ausgezeichnet. Diesmal geht es um das Trauma, um schreckliche Erfahrungen, die verarbeitet sein wollen. Im Buch wird Rotkäppchen wie leblos im Schnee liegend vom freundlichen Bären geborgen, der es so lange begleitet, bis das Mädchen sich dem Rätsel seines Seelenschattens nähert und den Weg ins Leben zurückfindet, durch viele Gefühlswogen hindurch. Der Schluss überraschend und berührend. Alle bekannten traumatisierten Figuren der Märchengeschichte kommen zu Rotkäppchen und erzählen ihre Geschichten von Verletzung, Angst und Schrecken. Die bezaubernde Bilderwelt von Regina Lukk-Toompere, einer der renommiertesten Kinderbuchillustratorinnen Estlands, verwandelt selbst das schwere Seelengrau in zärtliche Szenen. Es braucht eben nicht, wie so oft in Märchen, einen gewaltvollen Gegenschlag, um „das Böse“ zu besiegen, sondern geduldige Begleitung, das Erzählen und Teilen des Erlebten, um langsam Distanz vom Trauma zu bekommen und die Gewissheit, damit nicht allein zu sein.
Claudia Gliemann: Rotkäppchen, wie geht es dir?
Monterosa Verlag, 2020
50 Seiten. Gebunden.
ISBN: 978-3-942640-12-1, 24,00 €
Eine Empfehlung von Karin Charlotte Melde, Die Wortbinderin
Karin Charlotte Melde liebt Bücher, Schreiben, Lesen, Wortkunst und gelungene Gespräche. Fotografiert und schreibt deshalb, seit sie Kamera und Stift in Händen halten kann. Buchstaben zu Worten verbinden und mit Worten Menschen verbinden, ist ihr ein großes Vergnügen.
Transparenzhinweis: Die Empfehlung erfolgt aus Eigeninteresse und nicht aus wirtschaftlichen Gründen.