Somerville & Ross: Durch Connemara. Mit dem Eselskarren in Irland (Sachbuch)

Im Juni 1890 treten die Kusinen und Lebenspartnerinnen Somerville & Ross eine Reise durch Connemara an, als Beförderungsmittel wird ein Eselkarren gewählt. Es folgt ein Bericht voller Abenteuer und Situationskomik über die atemberaubend wilde Landschaft Westirlands. Wir erleben die teilweise reichlich hochnäsigen englischen Touristen, und wir erfahren, was eine Dame unbedingt auf Reisen bei sich führen muss: eine zusammenfaltbare Gummibadewanne zum Beispiel. Wir erleben auch die Landbevölkerung; freundliche Menschen, bettelarm, aber immer einen lustigen Spruch auf den Lippen. Ihr Weg führt die Autorinnen vorbei an verfallenen Häusern – die BewohnerInnen wurden vertrieben, weil sie die Pacht nicht zahlen konnten oder einfach, weil der Grundbesitzer lieber auf die rentablere Schafzucht setzen wollte. Wenn überhaupt die Rede auf aktuelle Politik kommt, dann nehmen die Autorinnen Partei für die englische Seite, für die Grundbesitzer, gegen die armen Pächter. Während die irische Unabhängigkeit für sie kein Thema war, waren sie energische Frauenrechtlerinnen, wobei sich die irischen Frauenrechtlerinnen jener Zeit zumeist auch aktiv für die Unabhängigkeit einsetzten. In Connemara wurde und wird übrigens Irisch gesprochen, eine Sprache, die Somerville und Ross nicht beherrschten. An der einzigen Stelle, wo ein irischer Satz zitiert wird, ist der in einer so bizarren Lautschrift wiedergegeben, dass man schon sehr gut Irisch können muss, um etwas zu verstehen. Dieses Doppelte, im Vordergrund der witzige, liebevolle Reisebericht, im Hintergrund die tragische und damals scheinbar aussichtslose Situation des Landes, machen dieses Buch zu einer unterhaltsamen Lektüre und zugleich zu einem bedeutenden Stück irischer Kulturgeschichte.

Somerville & Ross: Durch Connemara. Mit dem Eselskarren in Irland
Aus dem Englischen übersetzt und mit einem Nachwort von Elvira Willems
AvivA Verlag, Berlin, 2022

Hardcover mit Leseband, 168 Seiten
ISBN: 978-3-949302-03-9
Preis 20,00 Euro

 

Eine Empfehlung von Gabriele Haefs

Dr. Gabriele Haefs arbeitet als freie Übersetzerin, u. a. aus dem Irischen, und Autorin. Ihr Buch "111 Orte in Oslo, die man gesehen haben muss“ erschien im Mai 2022 im Emons Verlag. Diesen Buchtipp schrieb sie mit Blick auf ein kleines Originalgemälde von Edith Somerville, das vor Jahren auf abenteuerliche Weise in ihren Besitz gelangt ist.

Foto: Miguel Ferraz 

Transparenzhinweis: Die Empfehlung erfolgt aus Eigeninteresse und nicht aus wirtschaftlichen Gründen.