Warum wir den Workshop gemacht haben
Im Rahmen des BücherFrauen-Jahresthemas 2025 „Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ wollten auch wir von der Regionalgruppe Bielefeld / OWL aktiv werden und uns engagieren. Doch wo anfangen? Angesichts der zahlreichen schlechten Nachrichten, die jeden Tag auf uns einprasseln, der ernüchternden Wahlergebnisse der Bundestagswahl und der immer lauter werdenden Stimmen aus rechten Lagern kann frau sich schnell hilflos und überfordert, fast schon gelähmt fühlen. Um diesem Gefühl, gerade in Konfrontationen mit Menschen anderer Meinungen und Gesinnungen, etwas entgegenzusetzen, haben wir die Trainerin Helga B. Gundlach eingeladen – für einen Workshop zum Thema „Rechte Parolen kompetent kontern“.
Es geht los:
23. August 2025, 10:40 Uhr. Schon bei der Ankunft im Gemeinschaftsraum des Wohnprojekts einer unserer Mitfrauen aus Bielefeld ist die Aufregung, aber auch die Vorfreude vieler Teilnehmerinnen zu spüren. Namensschilder werden geschrieben, schnell wird noch ein Kaffee getrunken, gequatscht oder schon mal ein Platz gesucht. Wir sind eine bunte Mischung von Frauen unterschiedlichen Alters, teils BücherFrauen, teils Freundinnen, Bekannte oder Kolleginnen der anwesenden BücherFrauen – alle sehr am Thema interessiert, aus ganz verschiedenen Gründen. Gegen 11 Uhr ist es so weit, es kann losgehen.
Nach ein paar organisatorischen Dingen und einer kurzen Begrüßung und Vorstellung der Workshopleiterin Helga B. Gundlach folgt die erste praktische Übung: Im Raum werden Zitate ausgelegt und wir sollen uns zu der Aussage stellen, mit der wir uns am meisten identifizieren und die unsere Motivation, sich mit dem Thema des Tages zu beschäftigen, am besten ausdrückt. Schon bei dieser ersten Runde bekommen berührende Geschichten und Hintergründe Raum, die das Gefühl des Zusammenhalts stärken und die Gruppe der Frauen – die sich teils gerade zum ersten Mal gesehen haben – dank eines gemeinsamen Ziels zusammenwachsen lässt.
Kaum jemand ist nicht von Diskriminierung betroffen
Zum tieferen Einstieg in die Thematik schauen wir uns an, welche Personengruppen typischerweise von Diskriminierung betroffen sind, und stellen fest – die Liste ist lang und kann in der Theorie fast jede Person treffen, auch wenn manche Personen durch Mehrfachmarginalisierung stärker betroffen sind. Mit der nächsten Aktivität – wir positionieren uns als Antwort auf eine Frage oder Aussage der Referentin auf die „Ja-Seite“ bzw. die „Nein-Seite“ – lernen wir einander noch besser kennen und erfahren auch, wer schon unmittelbare Erfahrung hat mit Diskriminierung und/oder abwertenden Kommentaren.
Nach einer kurzen Theorieeinheit kommen wir zum Kern des Workshops: Wir üben, auf abwertende Kommentare und Aussagen zu reagieren. Paarweise stehen wir einander gegenüber, wobei die eine Person sich über ein Thema oder eine Gruppe herablassend äußern und die andere darauf reagieren soll – nach 20 Sekunden wird gewechselt und jede Frau erhält ein neues Gegenüber. Jede von uns hat je viermal die Gelegenheit, zu schimpfen und zu reagieren. Während der Übung wird es laut im Raum, wir übertönen einander, unterbrechen uns gegenseitig und alle versuchen, ihre (Schein-)Argumente anzubringen. Wir probieren verschiedene Methoden und Themen aus und merken, wie unser jeweiliges Gegenüber reagiert, was wir in ihm auslösen.
Anschließend ist Raum für Reflexion: Was hat gut geklappt, was überhaupt nicht? Wie hat es sich angefühlt, in verschiedene Rollen zu schlüpfen und auch mal die Gegenseite zu spielen? Was fiel uns leicht, was eher schwer?
Nach einer zweiten, längeren Übungsrunde in Kleingruppen und abschließender Reflexion ist Zeit für eine Pause. Wer Rat zu konkreten Situationen aus dem eigenen Leben benötigt, die für den Gruppenkontext etwas zu speziell oder ausführlich sind, kann sich in dieser Zeit an die Workshopleiterin wenden.
Weitere Impulse und Denkanstöße
Zum Abschluss gibt Helga uns noch weitere Hilfen an die Hand und geht einige typische Kommunikationsmuster und Methoden durch, derer sich die Rechten gern bedienen. Viele davon sind uns aus diversen Situationen bekannt – sie aber als bewusst eingesetzte Werkzeuge eingeordnet zu sehen, schafft ein besseres Verständnis für Konfrontationen und mögliche Lösungen. Apropos Lösungen: Ist uns bewusst, was wir erreichen wollen in den jeweiligen Situationen? Ist eine Einigung überhaupt realistisch? Ist der aktuelle Zeitpunkt der richtige für eine Grundsatzdiskussion? Wie können wir uns aus Situationen befreien, uns in ihnen schützen und sie deeskalieren? Über all diese Punkte sprechen wir und können viele Impulse und Denkanstöße mitnehmen. Nach vier Stunden haben wir jede Menge Motivation und Energie, das Gelernte sofort anzuwenden.
Als Ergänzung hat Helga zahlreiche Lektüren und Ratgeber ausgelegt. Viele davon sind gerade für Menschen aus der Buchbranche interessant, weil sie sich mit der diskriminierungssensiblen Wortwahl und typischen Kommunikationsformen beschäftigen und auf so ziemlich jeden Text anwendbar sind.
Wir danken Helga B. Gundlach sehr für ihren engagierten, gut strukturierten und wirkungsvollen Workshop! Wer neugierig ist, kann auf ihrer Webseite www.helga-b-gundlach.de mehr zu ihren Kursen und Publikationen erfahren und Kontakt mit ihr aufnehmen.
