Schatzkiste #8 – Jahresthema 2024
Die 5 Rs für nachhaltigen Konsum: refuse, reduce, reuse,repurpose, recycle
In diesem Jahr ist der Weltüberlastungstag (Worldovershoot Day) am 1. August. Das ist der Tag im Jahr, an dem die Menschheit die Ressourcen verbraucht hat, die sich innerhalb des Jahres regenerieren können. Ab diesem Tag konsumieren und agieren wir Menschen sozusagen im Minus unseres Ressourcenkontos (engl. overshoot). Interviews mit feministischen Perspektiven von Anna Cavazzini, Keya Chatterjee, Hilda Flavia Nakabuye, Emila Reyes, tarcila Rivera Zea auf diesen Tag findet ihr hier. Doch was können wir tun, damit wir gar nicht erst ins Minus kommen? Wie können wir Ressourcen sparen als Privatpersonen, aber auch bei unserer Arbeit und in der Buchbranche?
Das Thema der aktuellen Schatzkiste ist nachhaltiger Konsum. Für diesen wurden die 5 Rs entwickelt, um weniger Ressourcen zu verwenden bzw. den CO2-Ausstoß zu verringern: refuse, reduce, reuse, repurposeund recycle (andere haben die 5Rs erweitert um recover, repair, refurbish). Die 5 Rs werden hier im Folgenden kurz vorgestellt: Es wird aufgezeigt, was sie mit Feminismus zu tun haben, und Beispiele regen dazu an, über das eigene Verhalten bzw. den eigenen Konsum nachzudenken. Abgesehen von der Marktmacht der Einzelnen kann es Spaß machen und zu einem ganz neuen Verständnis von Wirtschaft(en) führen, wenn wir uns nach den 5 Rs richten. Und jede kann selbst entscheiden, womit sie beginnt und wie weit sie gehen will.
Konsum hat viel mit dem zu tun, was wir – vermeintlich oder tatsächlich – brauchen.
Um die 5 Rs im Deutschen griffiger zu machen, habe ich fünf Fragen nach dem Bedarf gestellt:
- refuse (ablehnen): Brauche ich es überhaupt?
- reduce (reduzieren): Brauche ich so viel davon?
- reuse (wiederverwenden): Brauche ich immer Neues?
- repurpose (zu einem neuen Zweck nutzen): Kann ich es für etwas anderes brauchen?
- recycle (wiederverwerten): Kann es ganz oder in Teilen als Rohstoff wieder gebraucht werden?
Die ersten drei Rs – refuse, reduce, reuse – drehen sich um den eigenen Konsum: Wie viel kaufe/mache/nutze ich und was? Das vierte R – repurpose – fordert Kreativität: Das, was wir schon zu einem bestimmten Zweck erworben haben, kann einem neuen Sinn zugeführt werden, ein „zweites Leben“ erfahren. Das letzte R – recycle – ist eigentlich nur eine Notlösung, denn beim Recycling können zwar Stoffe wiederverwendet werden, aber es wird Energie verbraucht und häufig entstehen Abfallprodukte. Besser, Müll entsteht gar nicht erst, als dass er aufwendig recycelt wird! Ausnahme: Alles, was in den eigenen Kompost wandert und dort wieder zu Erde wird. Diese Idee verfolgen auch die zwei Ansätze des zirkulären Wirtschaftens und des Cradle-to-Cradle, die unten vorgestellt werden.
Refuse: Brauche ich es überhaupt?
Worum geht’s? Vor einem Kauf immer erst überlegen, ob man etwas überhaupt braucht. Manchmal suggerieren uns Werbung oder Peer-Group, dass wir etwas brauchen, manchmal wollen wir das Neueste haben, auch wenn das ältere Modell noch tadellos funktioniert. Nachzudenken, warum ich etwas haben will, kann helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.
Unabhängig von unseren Wünschen und Bedürfnissen können wir klären, ob wir bestimmte Materialien, Herstellungsarten und/oder Herkunftsländer ablehnen. Von unter schlechten Arbeitsbedingungen in Ländern mit wenig Arbeitnehmerrechten produzierter Kleidung über in Folien-Gewächshäusern produziertes, nicht-saisonales Obst und Gemüse bis hin zu Kurzstrecken-Flügen. Eine Grundsatzentscheidung hilft der Einzelperson genauso wie dem Team oder der Firma.
Was hat das mit Feminismus zu tun? Ganz allgemein trifft der Klimawandel Frauen und vulnerable Gruppen wesentlich stärker als Männer. Hinzu kommt, dass Frauen weltweit im Arbeitsmarkt schlechter gestellt sind, d. h. wesentlich häufiger Arbeiten im Niedriglohnsektor verrichten – d. h. der Kauf von Produkten mit zertifizierten Siegeln (Grüner Knopf, Fairtrade u. a.) führt zu einer Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen (auch) für Frauen.
Ideen zur Umsetzung:
- keine Waren, die einzeln in Plastik verpackt sind
- keine Seifenspender, sondern einfach ein Seifenstück
- kein portioniertes und geschnittenes Obst
- Einkauf auf Märkten oder bei lokalen Anbietern (regional & verpackungsarm)
- Einkauf in Läden, die Waren (Reis, Nudeln, Hülsenfrüchte etc.) unverpackt anbieten
- keine To-go-Getränke, Getränke zu Hause in wiederverwendbare Flaschen abfüllen und mitnehmen
- keine Einwegtassen/-teller/-bestecke – vor allem nicht aus Plastik
Hier findet ihr weitere Ideen: Plastikmüll vermeiden; versteckter Energieverbrauch
BUCHIDEEN
Inhalte: keine Bücher mit Inhalten bearbeiten, herstellen oder kaufen, die menschenverachtend, misogyn, Gewalt verherrlichend sind oder Menschen stereotyp darstellen; zur Information oder Recherche diese in der Bibliothek ausleihen
Bücher: bei der Buchherstellung auf Papier aus nachhaltigkeits-zertifizierten Quellen achten, in Ländern drucken, in denen Menschen-/Arbeitnehmerrechte geachtet werden, beim Transport die CO2-Emissionenmöglichst geringhalten, deshalb Bücher im stationären Buchhandel kaufen.
Reduce: Brauche ich so viel davon?
Worum geht’s? Vor einem Kauf überlegen, wie viel man braucht. Manch einer braucht vermeintlich für jede Person im Haushalt ein Auto, im Keller einen zweiten Tiefkühler und immer die Familienpackung. Doch genaues Hinschauen zeigt: für kürzere Wege kann das Fahrrad genutzt werden, im zweiten Tiefkühler lagert eigentlich nur Essen für große Feste und die Hälfte der Familienpackung landet jede Woche im Müll. In jeder Hinsicht ist es erstrebenswert, möglichst wenig Müll zu produzieren.
Aber Müll ist nicht das einzige Problem, Energie ist ein weiteres. Wie viel genau das Streamen eines Films oder das Erstellen eines Prompts verbraucht, ist eine sehr komplexe Rechnung: Zunächst einmal fällt im Rechenzentrum Energieverbrauch an, dann bei der Übertragung und schlussendlich beim Endgerät im eigenen Haushalt. Allgemein lässt sich aber ein stark gestiegener Energieverbrauch feststellen, der auf Streamen und KI-Gebrauch zurückzuführen ist. Die Nutzung von KI hat z. B. Google dazu bewogen, sich nicht mehr als „klimaneutral" zu bezeichnen.
Ein nächstes Problem ist unsere Mobilität. Natürlich sollen wir alle reisen und die Welt sehen, uns auf Konferenzen treffen und die Oma besuchen. Doch Fernreisen sind eine der größten Stellschrauben zum Einsparen von CO2. Die Möglichkeit, CO2-Kompensationen zu zahlen, ist nur Schadensbegrenzung. Generell gilt hier: refuse statt reduce!
Die Baubranche verursacht übrigens 40 % des gesamten CO2-Ausstoßes weltweit (in Deutschland etwa 30 %). Zum einen liegt es am Baumaterial Beton, zum anderen daran, dass beinahe nichts recyclefähig ist, wenn Gebäude abgerissen werden. Hier sind Wirtschaft und Politik gefragt. Doch auch jede Einzelne kann etwas tun: Eine simple Maßnahme zur Reduktion von CO2 ist die “effiziente Wohnraumnutzung”, also eine Reduzierung der Pro-Kopf-Wohnraumfläche, aber auch die Verschattung von Fenstern im Sommer kann schon helfen, Gebäude nachhaltiger zu machen.
Was hat das mit Feminismus zu tun? Frauen haben geringere Vermögen und weniger Möglichkeiten z. B. Kredite zu erhalten oder (Wohn-)Eigentum aufzubauen (Stichwort Altersarmut). Sie sind auch wesentlich weniger am motorisierten Individualverkehr beteiligt. Den Fokus auf Fußgänger:innen, gesicherte Fahrradwege und Möglichkeiten von Einkauf, Arbeitsstelle, Pflege-/Kinderbetreuungseinrichtungen vor Ort zu legen, macht unsere Gesellschaft gerechter und inklusiver. Ziel ist, die Gender Gaps (s. Schatzkiste #7) zu schließen und zugleich die Erde lebenswert zu erhalten.
Ideen zur Umsetzung:
- nur so viel kochen/kaufen, wie tatsächlich gegessen wird
- alle Teile eines Gemüses verwenden (z. B. auch die Blätter vom Kohlrabi)
- keine Fertigkost kaufen (Inhaltsstoffe schädlich, häufig weit entfernte Produktionsorte/Transport, viel Verpackung)
- Wäsche an der Luft trocknen statt im Trockner
- sinnvoll heizen (Heizung runterdrehen, wenn man nicht zu Hause ist)
- Geräte mit Kippschaltern ausstellen (=Standby-Funktion ausschalten)
- „grünen“ Strom kaufen
- Geräte (z. B. Kühlschrank), die älter als 10 Jahre sind, auf Verbrauch prüfen und sich beraten lassen, ob Neuanschaffung umweltfreundlicher wäre
- Werkzeuge/Utensilien leihen, statt selbst zu kaufen, wenn sie selten genutzt werden
- Materialien und Wissen teilen
Hier findet ihr weitere Ideen: Nachhaltiger Warenkorb; energiesparende Gebäude
BUCHIDEEN
Inhalte: Bücher mit heteronormen und euro-zentrischen, allgemein einseitigen und stereotypen Darstellungen vermeiden
Bücher: in der Bibliothek ausleihen oder einen Buchzirkel gründen, in dem die Bücher herumgereicht werden
Mitmachen: Die Vorschläge für den BücherFrauen Literaturpreis werden in Lese-Salons in den Regionalgruppen gelesen und besprochen!
Reuse: Brauche ich immer Neues?
Worum geht’s? Die Idee zum Wiederverwenden ist simpel: etwas nicht nur einmal gebrauchen und dann wegwerfen, sondern mehrfach nutzen. Das fängt bei der Plastiktüte zum Einkaufen an, wobei hier reduceschon bedeutet, gar nicht erst Plastik zu nehmen, sondern einen Stoffbeutel oder einen Rucksack. Aber mit reuse kann insgesamt die Langlebigkeit von Produkten gedacht werden: z. B. Schuhe neu besohlen lassen, alte Geräte in Repair-Cafés (mit Hilfe) selbst reparieren oder getragene Kleidung auf Flohmärkten verkaufen. Auch lokale Kleiderkammern oder Organisationen wie Oxfam nehmen Kleidung, Bücher und Haushaltswaren als Spende.
2021 trat eine Verordnung des EU-Parlaments in Kraft, die zum einen viele Einwegprodukte aus Plastik verbietet, zum anderen die Recycling-Quote von Kunststoffflaschen erhöhen soll. Ausgangspunkt war die Erhebung, dass 70 % des Plastikmülls an den Stränden und in den Meeren Europas aus eben jenen Produkten besteht. Statt der Einwegprodukte sollen wiederverwendbare Produkte angeboten werden oder andere Materialien als Plastik genutzt werden z.B. nachwachsende Rohstoffe wie Papier, andere recyclebare Rohstoffe wie Metalle oder Glas.
Was hat das mit Feminismus zu tun? Vom bei uns entstehenden Plastikmüll landen etwa 10 % zum Entsorgen in Ländern mit meist niedrigeren Umweltstandards. Frauen sind auch hier stärker von den Nachteilen betroffen. Noch erschreckender sind die Zahlen bei Fast-Fashion-Kleidung. Repair-Cafés bieten die Möglichkeit der niedrigschwelligen Weiterbildung in der Nachbarschaft, entwerfen somit ein Gegenbild zur konsumorientierten, anonymen, linearen Wirtschaft und öffnen neue Möglichkeiten für alle Menschen.
Ideen zur Umsetzung:
- Aufbewahrungsboxen oder Bienenwachstücher statt Plastikfolie zum Aufbewahren von Essen im Kühlschrank
- Strohhalme aus Stroh, Glas oder Metall
- Verpackungsfüllstoffe wiederverwenden
- wiederbefüllbare Druckerpatronen, Kugelschreiber etc. nutzen
- Kartons wieder verwerten zum Versenden von Paketen
- Kleidung leihen – bei Freundinnen oder in Läden – statt kaufen
- eine Kleidertauschparty organisieren
Hier findet ihr weitere Ideen: Alternativen zu Einwegplastik; neu denken statt neu kaufen
BUCHIDEEN
Inhalte: gute Übersetzungen auch aus kleineren Sprachen oder Nicht-Mainstream-Kulturen anfertigen (lassen)
Bücher: Bücher an Freund:innen und Verwandte verschenken, in Bücherkisten stellen, an Organisationen (z. B. Bibliotheken von Schulen, Tagesstätten, Pflegeheimen, JVAs) spenden.
Repurpose: Kann ich es für etwas anderes brauchen?
Worum geht’s? Kommen wir zum kreativsten Teil der Kette: Du hast etwas gekauft und jetzt kannst du aus dem guten Stück, aus seiner Verpackung, aus dem, was nach dem Gebrauch übrigbleibt, etwas Neues entstehen lassen. Dank des Internets gibt es für (fast) alles schon Ideen – einfach den entsprechenden Gegenstand eingeben und die Bastelkönig:innen und Upcycle-Künstler:innen werden Ideen liefern. Pragmatisch gedacht kommen wir auf vieles auch selbst: die alten Olivenölbehälter als Blumentöpfe, Origamiboxen aus gebrauchtem Geschenkpapier, Möbel aus Holzpaletten. Doch Achtung: Genau hinschauen, dass nicht Materialkombinationen entstehen, durch die das Endprodukt nur noch im Restmüll entsorgt werden kann (z. B. Lack aufsprühen, mit Folie bekleben). Und wenn Materialien extra gekauft werden, um dann ganz kreativ etwas anderes draus zu machen, verfehlt die Übung ihren Zweck. Es geht darum, weniger Neues zu produzieren und Restmüll zu reduzieren!
Was hat das mit Feminismus zu tun? Upcycling ist eine Möglichkeit, im bestehenden Markt mit geringem Ressourcenverbrauch Mehrwerte zu schaffen und kreative wie auch unkonventionelle Ideen mit geringeren (Rohstoff-)Kosten zu produzieren. Es durchbricht so das auf Ausbeutung bestehende Wirtschaftssystem und könnte damit zu einem Umdenken auch in anderen Bereichen hin zu einem kulturellen Wandel führen. Wenn dazu noch Innovation und Wissen frei zugänglich werden, profitieren alle davon, die sonst aus diesen Bereichen (aufgrund von Geschlecht, sozialem Status oder anderen Diskriminierungsformen) ausgeschlossen sind.
Ideen zur Umsetzung:
- Joghurt-/Puddingbecher aus Glas können als Blumentöpfe genutzt werden
- Eierkartons können mit Kresse bepflanzt werden
- In Boxen mit Unterteilungen können Schrauben, Puzzleteile, Schreibtischutensilien oder Nähzeug aufbewahrt werden
Hier findet ihr weitere Ideen: Zitronenschalen weiterverwenden; Upcycling; Upcycling mit Kindern; Haus der Materialisierung
BUCHIDEEN
Inhalte: Kreatives Schreiben beginnen mit Seiten/Sätzen aus alten Büchern und so neue Geschichten entstehen lassen
Bücher: Objekte aus alten Büchern wie Lampen, Herzen etc. anfertigen, Bücher zum Möbelbau, als Schlüsselbord, Bilderrahmen, Schatzkiste nutzen.
Recycle: Kann es als Rohstoff wieder gebraucht werden?
Worum geht’s? Jede von uns kennt sie die bunten Tonnen für unseren Müll – eine für Glas, eine für Papier, eine für Kompost, eine für Recycling/Verpackung und eine für den Rest. Wenn alles glatt läuft, können zwischen 35 % (Kunststoffe) bis zu 86,7 % (Eisenmetalle) des Mülls in Deutschland recycelt werden (Datenquelle: Bundesumweltamt). Was erstmal toll klingt – etwas wird wiederverwertet –, ist ein schwieriges Geschäft.
Zunächst einmal sind die wenigsten Materialien wirklich recycelbar: Vieles ist so miteinander verklebt, verbunden, verschmolzen, dass es nicht mehr getrennt werden kann oder nur unter Einsatz von sehr vie Energie, die einzusparen das eigentliche Ziel ist. Beim Recycling selbst wandert daher ein hoher Prozentsatz des Materials in die Müllverbrennung. Außerdem werden die meisten Dinge nicht ins Recycling gegeben und kommen daher nicht in den Kreislauf zurück. Im Umkehrschluss heißt das: Wenn du planst, etwas zu recyceln, musst du schon beim Kauf darauf achten, ob es überhaupt recycelbar ist! Aber, wie schon unter reduce gesagt, ist es besser, den Müll gar nicht erst entstehen zu lassen, d. h. auch wenn eine Einweg-Pfandflasche theoretisch recycelbar ist, ist es besser, eine wiederverwendbare zu nehmen. In der Buchbranche ist auch Recycling-Papier ein Thema, denn Papier ist neben dem Transport der größte CO2-Treiber bei Büchern.
Bei der Kaufentscheidung kannst du auf Wiederverwertbarkeit achten. Doch Recycling ist nicht der einzige Weg, den Produkte – außer in die Müllverbrennung zu kommen – nehmen können. Es gibt Ansätze, die den gesamten Lebensweg eines Produktes nachhaltig gestalten wollen, zwei stelle ich hier kurz vor: die Zirkulär-Wirtschaft und Cradle-to-Cradle.
Unter Zirkulär- oder Kreislaufwirtschaft wird im Gegensatz zur linearen Wegwerf-Wirtschaft angestrebt, den Ressourcengebrauch, die Emissionen und Abfälle zu minimieren. Bei der Beschaffung der Materialien wird schon darauf geachtet, dass diese einen Kreislauf bilden – sie sind z. B. Abfallprodukte einer anderen Herstellung und können am Ende ihres (langen) Lebens wieder in den Kreislauf einfließen. Angestrebt wird auch ein Zero-Waste- und ein Zero-Emissions-Kreislauf.
Cradle-to-Cradle ist dann die konsequent durchgeführte Kreislaufwirtschaft. Es wird in zwei Kreisläufengedacht – dem Biologischen Kreislauf (Verbrauchsgüter wie Bücher) und dem Technischen Kreislauf (Gebrauchsgüter wie Druckmaschinen). Die „Nährstoffe“ werden jeweils in einem Kreislauf gehalten und die Produkte werden so entworfen, dass ihre Herstellung, Lebensdauer und Weiterverwendung mitgedacht sind. Eine Zertifizierung ist möglich.
Was hat das mit Feminismus zu tun? Frauen sind in technischen Berufen / Bereichen wenig vertreten. Sie melden weniger Patente an, gründen seltener und sind immer noch selten in Führungspositionen. Die EU hat mit der nachhaltigen Transformation (Green Deal) den Anstoß gegeben, Europa wirtschaftlich auf Nachhaltigkeit auszurichten. Dass diese Ausrichtung nicht primär feministisch untermauert ist, wird kritisiert. Umso dringender ist die Beteiligung von Frauen an innovativen Gründungen und in Führungspositionen auch in MINT-Berufen. Wenn die Welt von Morgen entworfen wird, sollten Frauen mitgedacht und bei der Gestaltung aktiv sein!
Hier findet ihr weitere Ideen: Alternative Papierprodukte; Nachhaltige Herstellung; Komm mach MINT
BUCHIDEEN
Inhalte: schon existierende Ideen wie Green Storytelling für Drehbücher verwenden und um Aspekte von Nachhaltigkeit und Feminismus erweitern, alte Stoffe neu erzählen (Achtung bei Inhalten: Literatur als Abbild struktureller Benachteiligungen und Diskriminierungen kann so verstetigt werden)
Bücher: Bücher in die Papiertonne? Ja, aber bitte nur Bücher, die wirklich entsorgt werden müssen! Vorher Einbände aus Kunststoff, Leder oder Leinen, Lesebändchen, Metallheftungen etc. entfernen.
Es gibt sie schon, die Bücher, die kompostiert werden können: Charlotte Stiefel vom neunmalklug Verlag hat auf unserem Podiumsgespräch auf der LBM ihren Verlag vorgestellt und ihre Cradle-to-Cradle-zertifizierten Bücher können theoretisch auf dem Kompost entsorgt werden, da sie keinerlei Schadstoffe enthalten.
Ziele
Du möchtest als Einzelperson, Soloselbstständige, Mitarbeiterin oder Chefin einer Firma gern Ressourcen schonen und nachhaltiger leben, fragst dich aber: Wie beginnen? Da hilft – im professionellen Bereich – der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK), der auch für die Buchbranche aufbereitet vorliegt. Auch die Seite Nachhaltig Publizieren gibt weitere Anregungen.
Nicht nur als Firma, sondern auch als Einzelperson kannst du dich mit der Wesentlichkeitsanalyse fragen: Wo liegt mein Hauptverbrauch? Dazu kann auch der indirekte Verbrauch zählen: Wie viel Wasser wird zum Herstellen von Baumwolle verbraucht? Woher kommt der Fisch im Sushi? Ab wann sollte ich ein neues Gerät anschaffen (Herstellung vs. Verbrauch)? Unterstützend kannst du Online-Rechner für den CO2-Verbrauch nutzen, die dir Anhaltspunkte zum Einsparen aufzeigen.
Das alles klingt sehr kompliziert und aufwendig? Ja, das ist es tatsächlich, weil wir nicht gewohnt sind, ressourcensparend zu denken – und weil unser Leben und unsere Wirtschaft auch nicht darauf ausgerichtet sind. Wenn du beginnen willst, dann mache einfach einen ersten Schritt: Überlege dir, was dein erstes Ziel sein könnte, formuliere es SMART und verfolge es konsequent. Das könnte z. B. sein:
- Ich fahre die nächsten vier Wochen Strecken unter 5 km mit dem Rad statt mit dem Auto.
- Ich kaufe in diesem Urlaub nur saisonales, regional angebautes Obst.
- Ich informiere mich beim Kauf meines neuen Rechners vorher über das Recycling.
- Ich beteilige mich an zwei Stränden pro Jahr an einer Müllsammelaktion.
Einmal im Monat/Halbjahr/Jahr kannst du dann deine Ergebnisse auswerten.
Was hat das mit Feminismus zu tun? Um unsere Welt zu erhalten, braucht es neue Wirtschaftsweisen, die nicht den Verbrauch und das Wachstum belohnen. Das bietet die Chance, neue Maßstäbe zu setzen und zur Bewertung von Unternehmen z. B. neben der Finanzbilanz auch eine Gemeinwohlbilanz einzufordern. Dies wäre ein Schritt zu einer anderen Gesellschaft, in der außer Geld Werte wie Gerechtigkeit, Fürsorge und sinnerfülltes Tun das Miteinander ausmachen.
Ideen zur Umsetzung:
- Online-Rechner-Check, ob du tatsächlich dein CO2 reduziert hast
- Tagebuch führen, wie sich dein Leben z. B. durch Radfahren oder Markteinkäufe verändert hat
- Gespräche mit Mitstreiter:innen, wie ihr loslegen und wie ihr weitermachen wollt
- eine Wand mit Erfolgen (Wall of Success), auf der dargestellt ist, was erreicht wurde
- ein Kochbuch mit neuen Rezepten
Hier findet ihr weitere Ideen: Mein Co2-Szenario; Kopenhagens Climate friendly actions
BUCHIDEEN
Inhalte: Entdecke Bücher, die dein Vorgehen unterstützen, lege Literaturlisten mit interessanten Titeln an und teile, was du findest, auf unserem Padlet
Bücher: veröffentliche Rezensionen zu tollen Büchern bspw. auf der BF-Webseite, schreibe selbst einen Blog / einen Text / ein Buch über deinen Weg zur Nachhaltigkeit.
Was ist los mit Nachhaltigkeit bei, von und mit BücherFrauen?
Auf unserer Webseite findet ihr unter „Jahresthema“ alle vergangenen Schatzkisten und Berichte von Veranstaltungen zum Thema. Ihr könnt natürlich eure eigenen Berichte ergänzen!
Seminar:
21.8.2024, 17–21 Uhr: Diskriminierungskritisch Sprechen und Schreiben, Lann Hornscheid
Jahresthema-AG: Wir wollen Forderungen zu „Nachhaltige Entwicklung braucht Feminismus“ an die Buchbranche formulieren. Alle, die mitmachen wollen, kommen gern auf unser nächstes Treffen voraussichtlich am 16.9., 17.00–18.30 Uhr, im Zoom-Raum der BücherFrauen! Wir schicken noch eine Einladung.
BücherFrauen-Akademie:
23.9.–14.10.2024: Übersetzungsakademie Französisch, Nicola Denis
26.9.2024, 19–20.30 Uhr: Night of the Prompts!, Ellen Braun & Valeska Henze
8.10.–5.11.: Digitale Achtsamkeit, Silke Buttgereit
14.11.–18.11.2024: Herbstakademie auf Sylt, Henriette Dyckerhoff & Elisabeth Drimella
Termine
18.9.–8.10.2024: Deutsche Aktionstage Nachhaltigkeit initiiert vom Rat für Nachhaltige Entwicklung – deutschlandweite Aktionen, auch eigene Aktionen eintragen ist möglich
Lesen macht schlau!
Es gibt ein Interview mit der BücherFrau Mona Jakob zum Thema Nachhaltigkeitskommunikation. Mona hat gerade eine Fortbildung dazu gemacht, wie über Nachhaltigkeit so geredet und geschrieben werden kann, dass Menschen sich angesprochen fühlen und direkt loslegen wollen. Zu lesen auf der BücherFrauen Webseite.
Mach mit!
Hast Du ein Buch oder einen Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit geschrieben, lektoriert, illustriert, beworben, rezensiert, gefilmt oder warst Du anders involviert? Trag es auf unserem Padlet ein und lass uns die Expertise unseres Netzwerks sichtbar machen. Das Padlet eignet sich auch zum Stöbern und Inspiration. Alle sind eingeladen mitzumachen.
Diese Schatzkiste wurde von Meiken Endruweit geschrieben. Danke an Kristina Poncin für kritisches Lesen, scharfsinnige Kommentare und wichtige Ergänzungen. Zum Team gehören außerdem Mischa Bach, Jara Fischer, Mona Jakob, Hanna Schmandin, Sandra van Lente und Stefanie Weiß.